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Zinnwald Lithium: Zwischen PR, Politik und Realität – Eine kritische Analyse

Zinnwald Lithium: Zwischen Projektversprechen und regulatorischer Wirklichkeit

Zinnwald Lithium plc betreibt ein Lithiumexplorationsprojekt in Sachsen. Medien, Politiker und PR-Kampagnen präsentieren es regelmäßig als Hoffnungsträger für die europäische Batteriewende. Doch eine genaue Analyse der Faktenlage zeigt: Zwischen öffentlicher Darstellung und tatsächlichem Projektstatus klaffen erhebliche Lücken.

Vorläufige Machbarkeitsstudie basiert auf nicht genehmigten Mengen

Im März 2025 veröffentlichte Zinnwald Lithium eine vorläufige Machbarkeitsstudie (Pre-Feasibility Study, PFS).
Diese basiert auf einem geplanten Erzabbau von 1,6 bis 3,2 Millionen Tonnen pro Jahr, abhängig von der Ausbaustufe.

Tatsächlich beim Sächsischen Oberbergamt (SOBA) beantragt: nur 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr.

Was das bedeutet:

  • Die wirtschaftlichen Projektionen der PFS (NPV 3,3 Mrd. €, IRR 23,6 %) stützen sich auf ein Fördervolumen, das nicht genehmigt ist.
  • Die aktuell beantragte Menge liegt deutlich unter dem PFS-Szenario.
  • Eine spätere Erweiterung würde neue Verfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erfordern – und ist damit unsicher.

Die PFS ist unter den gegenwärtigen Voraussetzungen nicht realisierungsfähig – sie verfehlt die Genehmigungsrealität und ist aus regulatorischer Sicht obsolet.

Kein CRMA-Status – aber weiterhin „hohe Priorität“?

Zinnwald Lithium beantragte 2024 eine Einstufung als „strategisches Projekt“ nach dem EU Critical Raw Materials Act (CRMA).
Die Ablehnung durch die EU kam im März 2025 – doch bis heute wird der Eindruck aufrechterhalten, das Projekt wäre politisch besonders gefördert.

Politiker in Sachsen verweisen auf den Koalitionsvertrag von 2024, in dem Zinnwald Lithium als Projekt mit „hoher Priorität“ bezeichnet wird.

Was verschwiegen wird:

  • Diese Formulierung basierte auf der (falschen) Annahme, der CRMA-Status sei sicher.
  • Der Vertrag wurde auf einem Zukunftsszenario geschrieben, das sich nicht bewahrheitet hat.
  • Dennoch wird weiter an der Kommunikationslinie festgehalten – vermutlich, um politisch das Gesicht zu wahren.

Öffentliches Bild vs. Genehmigungsrealität

Zahlreiche Presseberichte stützen sich auf Aussagen des Unternehmens oder auf Pressemitteilungen der betreuenden Agentur WeichertMehner.
Dabei entstehen häufig Schlagzeilen wie:

  • „Zukunftsprojekt für Europa“
  • „Strategisches Lithium aus Sachsen“
  • „Grundlage für die E-Mobilität“

Aber:

  • Es gibt keine EU-Strategieanerkennung
  • Die PFS widerspricht dem Stand der Genehmigungen
  • Die Produktion basiert auf nicht genehmigten Volumina
  • Die tatsächliche Machbarkeit ist derzeit nicht gegeben

Das Projekt wird also als industriell relevant inszeniert, obwohl die reale Umsetzung ungesichert ist.

Strategische Kommunikation ersetzt keine Substanz

Zinnwald Lithium verfügt über Explorationsrechte und hat eine vorläufige Studie vorgelegt.
Doch:

  • Die wirtschaftlichen Grundlagen der PFS sind nicht genehmigungsfähig.
  • Politische Unterstützung basiert auf veralteten Annahmen.
  • Die externe Kommunikation verschweigt diese Diskrepanzen – oder blendet sie bewusst aus.

Was heute öffentlich als strategisch verkauft wird, ist in Wirklichkeit ein Projekt mit ungewisser Realisierbarkeit und großem Abstand zur regulatorischen Realität.

Empfehlung an Öffentlichkeit, Medien und Anleger

Prüfen Sie Primärquellen (Genehmigungsunterlagen, Studien, EU-Dokumente)

Achten Sie auf die Begriffe:
– „vorläufige“ Studie ist keine finale
– „beantragt“ ist nicht „zugesichert“
– „Priorität im Koalitionsvertrag“ heißt nicht „Förderung durch Brüssel“

Fragen Sie nach Genehmigungsstand, nicht nach PR-Status.

Denn nachhaltige Rohstoffprojekte brauchen Fakten – keine Erzählung.
Und Investoren wie Öffentlichkeit verdienen Transparenz, nicht „gutes Framing“.

Zinnwald Lithium: Tradition ja – Abgabe nein?

Tradition verpflichtet – auch zur Förderabgabe

Tradition verpflichtetWenn die Zinnwald Lithium PLC in Broschüren, Präsentationen oder öffentlichen Veranstaltungen auftritt, betont sie gern ihre Verbundenheit mit der „reichen Bergbautradition im Osterzgebirge“. Man beruft sich auf Generationen von Bergleuten, auf technischen Pioniergeist, auf den Ruf Sachsens als Montanland – und auf die historische Bedeutung der Region als Rohstoffquelle für Europa. Der Tenor: Man sei der legitime Nachfolger dieser stolzen Geschichte.

Doch dort, wo Tradition konkrete Konsequenzen hätte, kneift man: bei der Förderabgabe – dem modernen Nachfolger des historischen Bergzehnts.

Bergzehnt – ein über 500 Jahre altes Prinzip

Seit dem Mittelalter galt im sächsischen Bergbau das Bergregal – das Hoheitsrecht des Landesherrn über alle Bodenschätze. Wer diese abbauen wollte, tat dies nicht aus freier Initiative, sondern mit Erlaubnis und zu festgelegten Bedingungen. Der Preis dafür war der Bergzehnt – in der Regel zehn Prozent des geförderten Wertes, abzuliefern an die Landeshoheit.

Und wichtig ist: Dieser Zehnt war keine Ersatzsteuer, sondern kam zusätzlich zu sonstigen steuerlichen Abgaben hinzu. Auch die Bergleute selbst waren ganz normale Steuerzahler – nur eben mit einer zusätzlichen Abgabe für das Recht, unter staatlicher Obhut Rohstoffe zu fördern. Die Erlöse aus dem Bergzehnt flossen u. a. in Infrastruktur, Bildung, soziale Absicherung – und nicht zuletzt in die Schatzkammer in Dresden.

Die moderne Form: Die Förderabgabe

Heute übernimmt die Förderabgabe (§ 31 BBergG) diese Rolle. Sie ist keine Steuer, sondern eine Beteiligung des Staates (und damit der Allgemeinheit) an der wirtschaftlichen Nutzung eines öffentlichen Guts – der Rohstoffe im Boden. Laut Gesetz kann der Freistaat Sachsen bis zu 10 % des Marktwerts der geförderten Ressourcen verlangen.

Doch in der vor wenigen Tagen veröffentlichten vorläufigen Machbarkeitsstudie (Pre-Feasibility Study) der Zinnwald Lithium PLC heißt es dazu nur:

The Project may be required to pay an annual royalty for the mineral resources mined within the year up to 10% of market value of those mined resources. The actual rate applied is solely determined by the local state and the Project has commenced engagement with the Saxony authorities. For the purposes of this financial model, the Company considers it would be premature to assign a value to any royalty at this time.

Mit anderen Worten: Obwohl gesetzlich vorgesehen, wird die Förderabgabe bewusst nicht einkalkuliert – in der Hoffnung, später mit dem Freistaat über einen Erlass oder eine Befreiung verhandeln zu können.

Förderabgabe ausklammern – Fördergelder einplanen?

Besonders irritierend: Während man sich bei der Förderabgabe vage hält, rechnet man bei den Einnahmen sehr konkret mit staatlicher Unterstützung. In Gesprächen wurde ein Fördermittelrahmen zwischen 100 und 200 Millionen Euro genannt. Öffentliche Hilfe ja, öffentliche Beteiligung nein?

Dabei sitzt die Zinnwald Lithium PLC aktuell auf gerade einmal 3 Millionen Euro Eigenkapital, will aber ein über 1 Milliarde Euro schweres Großprojekt umsetzen – mitten im Osterzgebirge. Das erinnert an einen Bauherrn, der sich für den Bau einer Luxusvilla nicht nur das Grundstück schenken lassen will, sondern am liebsten auch von der Grundsteuer befreit würde.

Wer Tradition zitiert, muss auch danach handeln

Wer sich wie Zinnwald Lithium auf die Bergbautradition beruft, muss wissen: Diese war nie nur eine Geschichte von Technik und Entdeckung. Sie war immer auch eine Geschichte von Verantwortung, von geregeltem Zugriff auf Gemeingut, und von Pflichten gegenüber dem öffentlichen Interesse.

Der historische Bergzehnt war kein freiwilliger Beitrag, sondern Ausdruck eines fairen Ausgleichs: Wer von den Ressourcen des Landes profitieren wollte, musste einen Anteil an die Gemeinschaft abführen. Und zwar neben den normalen Abgaben.

Dass sich Zinnwald Lithium nun ausgerechnet bei dieser Verpflichtung davon stehlen möchte, spricht Bände – gerade in einer Zeit, in der man gleichzeitig mit staatlicher Unterstützung liebäugelt.

Verantwortung beginnt mit Ehrlichkeit

Es ist ein durchschaubares Manöver: Die historische „Tradition“ wird gern als PR-Schmuckstück genutzt – auf Plakaten, in Werbefilmen und gegenüber Investoren. Doch wenn es um die finanzielle Realität dieser Tradition geht, weicht man zurück.

Das ist mehr als ein schlechtes Signal. Es ist ein Widerspruch, der zeigt: Man will das Erbe – aber nicht die Verantwortung.

Fazit: Wer sich auf die Vergangenheit beruft, muss auch ihren Geist leben

Die sächsische Landesregierung täte gut daran, hier mit Klarheit zu handeln. Wer Millionen an Fördermitteln beantragt, muss auch bereit sein, den gesetzlichen und historischen Verpflichtungen nachzukommen.

Tradition ist kein Freibrief. Sie ist ein Versprechen.

Und wer sich als Nachfolger der sächsischen Bergleute sieht, der sollte auch ihre Pflichten gegenüber dem Gemeinwesen ernst nehmen. Dazu gehört heute – wie früher – die Abgabe an die Gesellschaft, die den Abbau überhaupt erst ermöglicht.

Zinnwald Lithium kann nicht den Glanz der Geschichte beanspruchen und gleichzeitig ihre Lasten ablehnen. Wer so rechnet, handelt nicht im Geiste des Bergbaus – sondern auf Kosten derer, die ihn einst groß gemacht haben.

Bürgerinitiative Bärenstein
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