Am 17. Dezember 2024 haben Bürgerinitiativen aus Deutschland und eine NGO aus Tschechien einen Brief an Bundesumweltministerin Steffi Lemke gerichtet. In ihrem Schreiben fordern sie die konsequente Anwendung des Espoo-Übereinkommens auf die geplanten Lithium-Bergbauprojekte der Zinnwald Lithium Plc. und Geomet s.r.o. im Erzgebirge.
Was ist das Espoo-Übereinkommen?
Das Espoo-Übereinkommen, auch bekannt als die „Konvention über Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen“, ist ein völkerrechtlicher Vertrag, der sicherstellt, dass bei Projekten mit potenziellen grenzüberschreitenden Auswirkungen die betroffenen Nachbarstaaten frühzeitig einbezogen werden. Ziel ist es, die Umwelt und die Gesundheit der Menschen auch über Ländergrenzen hinweg zu schützen. Deutschland hat das Abkommen 2002 ratifiziert und ist verpflichtet, es anzuwenden.
Hintergrund der Forderung
Die geplanten Bergbauprojekte betreffen ein gemeinsames Erzvorkommen, das direkt unter den Dörfern Zinnwald (Deutschland) und Cínovec (Tschechien) liegt. Beide Vorhaben haben das Potenzial, erheblichen Einfluss auf die Umwelt und das Leben der Menschen beiderseits der Grenze zu nehmen. Zu den möglichen Auswirkungen zählen:
- Gefährdung von Natura-2000-Gebieten und Schutzgebieten mit FFH-Lebensräumen.
- Beeinträchtigung des UNESCO-Welterbes „Montanregion Erzgebirge/Krušnohoří“ durch die geplanten Bergbauhalden.
- Verschlechterung des Wasserhaushalts, insbesondere von Hochmooren und Gebirgsbächen, die bereits empfindlich sind.
- Kumulative Belastungen durch den parallelen Betrieb beider Projekte, die bisher nicht ausreichend bewertet wurden.
Die Bürgerinitiativen weisen darauf hin, dass die tschechischen Behörden für das Projekt von Geomet s.r.o. bereits eine internationale Bewertung nach dem Espoo-Übereinkommen initiiert haben. Die deutschen Behörden hingegen haben bislang darauf verzichtet, obwohl die grenzüberschreitenden Risiken offensichtlich sind.
Forderung der Initiativen
Im Brief fordern die Unterzeichner:
- Grenzüberschreitende Umweltbewertung für beide Projekte: Beide Vorhaben müssen gemeinsam und umfassend nach den Vorgaben des Espoo-Übereinkommens bewertet werden.
- Offizielle Beteiligung Deutschlands: Das Bundesumweltministerium soll der tschechischen Kontaktstelle mitteilen, dass Deutschland Teil des Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahrens wird.
- Schutz der Region: Angesichts der potenziellen Auswirkungen auf UNESCO-Welterbe, Natura-2000-Gebiete und den Wasserhaushalt fordern die Initiativen eine sorgfältige und transparente Prüfung aller Umweltauswirkungen.
Warum Espoo unverzichtbar ist
Das Espoo-Übereinkommen garantiert nicht nur den Schutz von Umwelt und Gesundheit, sondern auch die Einbeziehung der betroffenen Bevölkerung. Es bietet den Rahmen für eine offene und transparente Bewertung von Großprojekten mit grenzüberschreitendem Charakter. In diesem Fall geht es um die Zukunft einer Region, die bereits in der Vergangenheit unter Bergbaufolgen gelitten hat.
Eine umfassende Umweltverträglichkeitsprüfung nach Espoo-Standards ist der einzige Weg, um sicherzustellen, dass sowohl die deutsche als auch die tschechische Bevölkerung vor vermeidbaren Risiken geschützt wird.
Die Bürgerinitiativen appellieren an Frau Lemke, sich aktiv für die Einhaltung des Espoo-Übereinkommens einzusetzen und ihrer Verantwortung gerecht zu werden.