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Bürgerinitiativen sehen ihre Skepsis gegenüber Lithiumplänen bestätigt

Pressemitteilung, 25. November 2025

Bürgerinitiativen sehen ihre Skepsis gegenüber Lithiumplänen bestätigt

Bürgerinitiative Liebenau
Bürgerinitiative Bärenstein
IG Zinnwald
Cinvald z.s
Grüne Liga Osterzgebirge e.V.
Natürlich!Osterzgebirge e.V.

Ein großer Haufen Müll

Die vier „Lithium-BI’s“ des Ost-Erzgebirges, unterstützt vom Umweltverband Grüne Liga Osterzgebirge, haben sich intensiv mit den bisher bekannt gewordenen Unterlagen zum geplanten Lithium-Bergbau auseinandergesetzt. Ihre Schlussfolgerung lautet: vollkommen inakzeptabel.

Zinnwald Lithium Plc/GmbH veröffentlichte in diesem Jahr mehrere umfangreiche Dokument-Pakete:
– im März eine Vormachbarkeitsstudie (Pre-Feasibility Study, PFS);
– im Juni die Antragsunterlagen zur Raumverträglichkeitsprüfung (RVP);
– und jetzt vor kurzem den „Untersuchungsrahmen“ für eine Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung (USVP).
Mitglieder der bergbaukritischen Bürgerinitiativen sowie der Grünen Liga haben die insgesamt ca. 1.000 Textseiten und zahlreichen Anhänge sehr gründlich gelesen. Dabei stellten sie eine Vielzahl von Widersprüchen, Ungereimtheiten und auch Falschbehauptungen fest. Drei besonders besorgniserregende Beispiele:

  • Beim Umrechnen und Zusammenaddieren der für die RVP aufgeführten Daten zum
    benötigten Prozesswasser zeigte sich, dass Zinnwald Lithium mit einem Zehntel des
    Wasserbedarfs des ehemaligen VEB Zinnerz Altenberg auszukommen glaubt. Nur
    hatte auch damals, in den 1980er Jahren, das Wasser nie gereicht, deshalb wurde der neue
    Galgenteich angefangen zu bauen (heute Trinkwassertalsperre), und deshalb litten Mensch
    und Natur unter den giftigen, scharfkantigen Stäuben vom „Roten Meer“ (Spülkippe im
    Bielatal), weil die Ablagerungen nicht mehr ausreichend feucht gehalten wurden und
    deshalb verweht werden konnten.“
  • Auf dem Höhenrücken östlich von Liebenau, im Quellgebiet von Trebnitz und Seidewitz
    (und hart am Trinkwassereinzugsgebiet der Talsperre Gottleuba), plant Zinnwald Lithium
    eine Abraumhalde von unvorstellbaren Dimensionen: 75 Hektar und 60 Meter Höhe.
    Doch wird diese Deponie laut PFS nur 11,5 bis 18 Jahre reichen, all den feingemahlenen
    Abraum aufzunehmen. Bei 40 Jahren Laufzeit des Bergwerks wären also noch mindestens
    zwei weitere Abraumberge dieser Größenordnung erforderlich.
  • Ganz besonders bedenklich: Die Standsicherheit von Zinnwald wird mit Gutachten von
    2018/19 begründet – als die geplanten Abbaumengen noch weniger als ein Drittel dessen
    betrugen, was jetzt von ZL offiziell beantragt wird (laut Vormachbarkeitsstudie sogar das
    Siebenfache!). Überhaupt nicht berücksichtigt dabei sind die Sprengungen nebenan, auf
    der tschechischen Seite der Grenze – wo sich die von Geomet s.r.o. geplanten
    Abbaumengen in den letzten Jahren ebenfalls vervielfacht haben.

Sämtliche Dokumente hat Zinnwald Lithium von Fremdfirmen erarbeiten lassen, die offenkundig kaum Ortskenntnis besitzen. So werden für die RVP die meteorologischen Windbedingungen von Dresden-Klotzsche verwendet als Grundlage für die Berechnung der Staubausbreitung von der geplanten Abraumdeponie bei Liebenau.  (Tatsächlich wäre aufgrund der Gebirgslage und der Besonderheit des „Böhmischen Windes“ mit einer wesentlich weiträumigeren Verwehung der gesundheitsgefährdenden Stäube zu rechnen.)
Die (offenbar aus dem Englischen übersetzte) USVP verwechselt Bärenstein mit dem gleichnamigen Ort im mittleren Erzgebirge (2.249 Einwohner), gibt die Einwohnerzahl von Dittersdorf mit 3.600 an (tatsächlich: ca. 600) und verortet in Altenberg eine Behinderteneinrichtung namens „Hof Altenberg“ – die tatsächlich aber in Österreich liegt.
Wirklich peinlich wirkt das Kapitel „Öffentliche Sicherheit und Gefahrenabwehr“ der USVP. Da wird behauptet, in Altenberg läge „die Zahl der gemeldeten Straftaten pro 100.000 Einwohner bei 8.687, mit bemerkenswerten Zahlen in Bereichen wie … Gewaltkriminalität (144 Vorfälle).“ Dies hieße: alle zweieinhalb Tage ein Fall von „Mord, Totschlag, … schwere Körperverletzung, … Vergewaltigung, … erpresserischer Menschenraub, …“ (https://de.wikipedia.org/wiki/Gewaltkriminalität).
Im Vergleich zu Bad Gottleuba-Berggießhübel jedoch erscheint Altenberg nach der USVP von Zinnwald-Lithium geradezu als Insel des Friedens! Dort im Gottleubatal „… ist die Zahl der Straftaten mit 45.543 je 100.000 Einwohner deutlich höher. Diese Gemeinde verzeichnete eine hohe Zahl von Eigentumsdelikten und Straftaten gegen die persönliche Freiheit, was wahrscheinlich durch verschiedene städtische und sozioökonomische Faktoren beeinflusst wurde.“ (USVP, S.166)

Die Unterlagen für die „Umwelt- und Sozialverträglichkeitsprüfung“ ließ Zinnwald Lithium von einem britisch-multinationalen Beratungskonzern namens ERM (Environmental Resources Management) erstellen. Das Unternehmen hat international unter Menschenrechtlern und Umweltschützern eine zweifelhafte Reputation für das „Greenwashing“ von Großprojekten der Erdölindustrie. Einige Beispiele dokumentiert https://en.wikipedia.org/wiki/ERM_(consultancy).

Kristine Hennig von der Interessengemeinschaft Zinnwald bringt es auf den Punkt: „Die Bewohner der Region ängstigen vor allem die immer größeren Dimensionen der geplanten Lithium-Bergbauprojekte beiderseits der Grenze.“ Noch vor wenigen Jahren, 2019, wollte die Deutsche Lithium GmbH in Zinnwald eine halbe Million Tonnen Erz im Jahr fördern, das Konkurrenzunternehmen Geomet s.r.o. plante unter Cínovec mit ähnlichen Größenordnungen. 2023 verkündete die Deutsche Lithium, aus der kurze Zeit später Zinnwald Lithium hervorging, eine Steigerung der Planzahlen auf 1,5 Millionen Tonnen Erz pro Jahr. Geomet hatte da schon auf 1,7 bis 2,3 Millionen t/a erhöht, jetzt plant das australisch-tschechische
Unternehmen offiziell mit 3,2 Millionen Tonnen pro Jahr.
Die bei Behörden eingereichten Genehmigungsanträge (einschließlich der Raumverträglichkeitsprüfung) von Zinnwald Lithium beruhen noch immer auf den 1,5 Millionen Tonnen pro Jahr. Tatsächlich aber wäre, laut Vormachbarkeitsstudie, das Projekt allenfalls mit einer „Phase 2“ profitabel (und auch das nur, wenn der Lithiumpreis auf das Doppelte bis Dreifache des Niveaus der letzten zwei Jahre steigen würde). Diese Phase 2 müsste nach wenigen Jahren einsetzen und die Jahresförderung auf 3,5 Millionen Tonnen Erz pro Jahr nach oben treiben. Zum Vergleich: dies entspräche einer Güterzuglänge von 1.200 Kilometern – alles aus dem Untergrund des Bergdörfchens Zinnwald, jedes Jahr.

„Großindustrielle Bergbauprojekte in diesen Dimensionen sind in der vielgestaltigen, artenreichen und seit Jahrhunderten besiedelten Kulturlandschaft des Ost-Erzgebirges nie und nimmer ‚umwelt- und sozialverträglich‘ umzusetzen.“, so Lukas Häuser von der BI Bärenstein. Die Bürgerinitiativen und die Grüne Liga Osterzgebirge fordern deshalb Unternehmen und Politik dringend zu Realismus und Verantwortungsbewusstsein auf. Auf der Basis der jetzigen Planungen ist die Lithiumförderung hier weder genehmigungsfähig noch praktisch realisierbar – Umweltverträglichkeit völlig ausgeschlossen.

Die Grüne Liga Osterzgebirge lädt für Sonntag, den 7. Dezember, zu einer Naturkundlichen Wanderung über die Löwenhainer Höhe ein, wo Zinnwald Lithium Plc/GmbH aktuell neue Probebohrungen beantragt. Treff ist 10:05 Uhr am Bahnhof Geising.

Jens Weber

Kontakt für Rückfragen: jens@osterzgebirge.org

Weiterführende Informationen:

    https://osterzgebirge.org/de/2025/11/22/ki-oder-keine-ahnung

    https://osterzgebirge.org/de/2025/11/24/naturkundliche-adventswanderung-ueber-die-loewenhainer-hoehe/

    https://osterzgebirge.org/de/natur-schuetzen/gefahren/lithium-bergbau/

    https://osterzgebirge.org/wp-content/uploads/2025/08/Stellungnahme-Gruene-LigaOsterzgebirge-Raumvertraeglichkeitspruefung-Zinnwald-Lithium.pdf

    https://osterzgebirge.org/wp-content/uploads/2025/09/Ergaenzung-zur-StellungnahmeGruene-Liga-Osterzgebirge-Raumvertraeglichkeitspruefung-Zinnwald-Lithium.pdf

    https://osterzgebirge.org/wp-content/uploads/2025/04/Vormachbarkeitsstudie-ZinnwaldLithium-Plausibilitaets-Check.pdf

    https://www.bi-liebenau.de/pages/posts/argumente-und-einwande-zurraumvertraglichkeitsprufung-der-planungen-der-lithium-zinnwald-gmbh-20.php

    Plausibilitäts-Check deckt Mängel bei Zinnwald Lithium auf

    Plausibilitäts-Check wirft Fragen zur Studie von Zinnwald Lithium auf

    Wir – die Bürgerinitiativen aus Zinnwald, Bärenstein und Liebenau, gemeinsam mit der Grünen Liga Osterzgebirge e. V. und unabhängigen Fachleuten – haben die sogenannte Vormachbarkeitsstudie (Pre-Feasibility Study) der Zinnwald Lithium Plc. kritisch geprüft.

    Das Ergebnis ist ernüchternd. Unsere Analyse zeigt: Viele Aussagen aus der Unternehmenskommunikation halten einer näheren Überprüfung nicht stand.

    Worum geht’s genau?

    Zinnwald Lithium plant den Abbau von Millionen Tonnen Gestein – direkt am Erzgebirgskamm, mitten in einer sensiblen Kulturlandschaft. Dennoch wurde dem Projekt nicht der Status als „Critical Raw Material“-Projekt der EU verliehen. Die Begründung wurde nie veröffentlicht.

    Die vom Unternehmen präsentierte Studie liegt nur auf Englisch vor. Eine angekündigte deutsche Version sucht man bis heute vergeblich.

    Unsere zentralen Kritikpunkte

    In wochenlanger ehrenamtlicher Arbeit haben wir den Bericht genau gelesen und mit internationalen Standards verglichen. Hier unsere wichtigsten Erkenntnisse:

    • Keine transparente Veröffentlichung: Die Vormachbarkeitsstudie (PFS) liegt bisher nur auf Englisch vor. Eine angekündigte deutsche Version ist bis heute nicht online zugänglich.
    • Mangelhafte Nachvollziehbarkeit: Fehlendes Abkürzungsverzeichnis, schwer verständliche Fachsprache und unklare Begriffe erschweren eine sachliche Auseinandersetzung. Kritische Informationen sind schwer auffindbar oder fehlen vollständig.
    • Medien und Politik übernommen, ohne Prüfung: Viele Aussagen der Zinnwald Lithium Plc. wurden in der Öffentlichkeit ungeprüft übernommen – obwohl es sich bei der veröffentlichten Erfolgsgeschichte weitgehend um unternehmenseigene PR handelt.
    • Kein „strategisches Projekt“ gemäß EU-Verordnung: Zinnwald Lithium hat keinen Status als „strategisches Projekt“ nach dem EU Critical Raw Materials Act erhalten – im Gegensatz zu 22 anderen Lithiumprojekten in Europa. Das bedeutet einen klaren Wettbewerbsnachteil.
    • Wirtschaftliche und technische Machbarkeit fraglich: Die PFS selbst enthält Hinweise, dass das Projekt weder wirtschaftlich noch technisch realistisch durchführbar ist.
    • Auffällige Datenvermeidung: Die Studie enthält keine belastbaren Angaben zu Energiebedarf, Wasserverbrauch, Lkw-Verkehr, Abfallmengen oder notwendigen Zusatzstoffen. Kritische Zahlen tauchen nur vereinzelt und teilweise versteckt auf.
    • Vergleich mit anderen Projekten fällt negativ aus: Internationale Fachleute bestätigen, dass die Zinnwald-Studie im Vergleich zu anderen Bergbauprojekten ungewöhnlich wenig belastbare Daten enthält.
    • Unzureichende regionale Einbindung: Statt sächsischer Expertise basiert die Studie auf internationalen Autoren mit fremden Standards – ohne Bezug zur komplexen Kulturlandschaft und Bevölkerung im Osterzgebirge.
    • Massive Steigerung der Fördermengen: Ursprünglich geplante 0,5 Mio. Tonnen Erz pro Jahr wurden inzwischen auf bis zu 3,5 Mio. Tonnen gesteigert – ohne nachvollziehbare Begründung.
    • Grenzüberschreitende Konflikte ausgeblendet: Die PFS ignoriert, dass auf tschechischer Seite am selben Erzkörper ebenfalls ein großes Lithiumprojekt mit massiven Eingriffen geplant ist. Die kumulativen Umweltwirkungen wurden nicht berücksichtigt.
    • Kritische Wasserverfügbarkeit: In einer niederschlagsarmen Region könnte die gleichzeitige Wasserentnahme zweier Großprojekte (Zinnwald & Geomet) zu Konkurrenz um Wasser führen – zulasten des Naturhaushalts beiderseits der Grenze.
    • Fehlende UVP nach Espoo-Konvention: Für grenzüberschreitende Eingriffe dieser Größenordnung wäre eine gemeinsame Umweltverträglichkeitsprüfung zwingend erforderlich – sie fehlt bislang.

    Unser Fazit

    Die veröffentlichte „Erfolgsgeschichte“ wirkt auf uns wie ein Stück Zweck-PR – präsentiert als fertige Sache, obwohl viele Fragen unbeantwortet bleiben. Besonders bedenklich finden wir, dass viele Medien und Politiker die Aussagen aus Unternehmenskreisen ungeprüft übernommen haben.

    Jetzt nachlesen: Unser Plausibilitäts-Check

    Wir haben unsere Analyse öffentlich zugänglich gemacht.
    Hier findet ihr die vollständige Dokumentation mit Quellen, Vergleichen und Bewertungen:

    Plausibilitäts-Check Zinnwald Lithium – zur Studie hier zum Download.

    Die Pre-Feasibility Study ist hier veröffentlicht:

    https://www.rns-pdf.londonstockexchange.com/rns/8115C_1-2025-3-30.pdf

    Bürgerinitiative Bärenstein
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